Naturschutz ja! Entwicklungszone nein!
Der Gemeinderat hat den Beitritt zur Entwicklungszone des Biosphärenreservates auch mit den Stimmen der CDU-Fraktion mehrheitlich abgelehnt und das aus guten Gründen. Lesen Sie dazu die Redebeiträge von Heiko Haschen und Christel Bartelmei.
Redebeitrag Christel Bartelmei:
Seit 2018 befassen wir uns bereits zum dritten Mal mit einem möglichen Beitritt zum Biosphärenreservat.
Wenn man die Leserbriefe verfolgt, dann hat man den Eindruck, wir haben die Entscheidung zwischen Ökologischer Zukunft oder Wüstenei.
Dem ist aber gerade nicht so. Die Entscheidung gegen das Biosphärenreservat heißt nicht, dass wir uns gegen Klimaschutz und Naturschutz aussprechen, es bedeutet nur, dass wir es in unseren eigenen Händen belassen wollen.
Wie bereits gesagt: Seit 2018 befassen wir uns zum dritten Mal mit einem möglichen Beitritt zur Entwicklungszone des Biosphärenreservats.
Wie seriös ist das? Wie glaubhaft sind die Argumente, dass man sich zu nichts verpflichte?
Stellen Sie sich vor, Sie wollen ein Auto kaufen und der Verkäufer sagt, letzte Chance, morgen ist das Auto weg, sie müssen jetzt zugreifen.
Sie sagen nein und kommen nach einem Jahr wieder, da steht das selbe Auto.
Wieder letzte Chance, nur noch heute, außerdem gibt es Fußmatten dazu!
Sie sagen wieder nein und nach einem Jahr kommt der Autoverkäufer auf Sie zu und bietet ihnen das selbe Auto als absolut letzte Gelegenheit nochmals an. Er habe es für sie reserviert, sie müssten jetzt aber endlich zuschlagen.
Würden Sie dieses Auto wirklich kaufen?
Ich sage nein und genau das haben Butjadingen, Esens, Varel, Holtgast und Krummhörn auch mehrfach gemacht: Sie sind Tourismusgemeinden, sie sind Kommunen, die Naturschutz und Klimaschutz ernst nehmen und lehnen den Beitritt ab.
Genau das hat die Mehrheit der 30 Kommunen gemacht, die sich in ihren Räten genau wie wir bis zu 3 Mal mit dem Beitritt zur Entwicklungszone auseinandersetzen mussten. Und das aus gutem Grund:
Sie haben nämlich erkannt, dass es ihnen als Kommune nichts bringt, wenn andere darüber entscheiden, welche nachhaltigen Maßnahmen die Gemeinde gesellschaftlich, ökologisch, ökonomisch und sozial weiter voranbringen.
Und genau das gilt auch für Bockhorn: Unsere Zukunft gestalten, das können unsere Bürger mit uns als Gemeinderat selbst am besten und genau das ist unsere Aufgabe als Gemeinderat, unsere Selbständigkeit zu erhalten!
In diesem Kontext ist es bemerkenswert, das jetzt für den 3. Anlauf Änderungen im Wattenmeergesetz vorgenommen wurden, um uns in Sicherheit zu wiegen.
Im Wattenmeergesetz gilt ein Satz nach wie vor für alle Kommunen die beitreten:
§24 (4) 1Die Nationalparkverwaltung ist auch koordinierende Verwaltungsstelle für das Gesamtgebiet des von der UNESCO anerkannten Biosphärenreservats „Niedersächsisches Wattenmeer“.
Wie das ausgelegt wird für unsere künftigen Vorhaben, das bestimmen anschließend nicht wir, sondern Nationalparkverwaltung oder Landkreis, oder der dann zuständige Umweltminister.
Auch die Austrittsoption hilft uns wenig, wenn erst einmal eine Gebietskulisse über unsere Kommune gelegt wurde, ist der Schaden da.
Welcher Nutzen steht dem gegenüber? Alle Fördergelder, die durch die Nationalparkverwaltung genannt werden, bekommen wir auch ohne das Prädikat „Biosphärenreservat“.
Der angeblich starke Verbund der Biosphärengemeinden bedeutet nichts weniger, als dass wir uns in Abhängigkeit der weiteren Entwicklung des „Mensch und Biosphäre“-Programms der UNESCO begeben, auf das wir nur wenig Einfluss haben.
Die Gestaltungsmöglichkeiten, die wir als Kommune noch haben für unsere Familien, für unsere Betriebe, für unsere kommunalen Vorhaben und auch für die Landwirtschaft, die möchten wir nicht ohne Not weiter einschränken für ein Etikett, das wir uns an die Brust heften, aber sonst keine direkten Vorteile bringt.
Die CDU-Fraktion wird den Beitritt zum Biosphärenreservat ablehnen.
Redebeitrag Heiko Haschen:
Zum 3. Mal behandeln wir jetzt das Biosphärenreservat bzw. deren potentielle Entwicklungszone. Zwei Mal haben wir uns bereits gegen einen Beitritt ausgesprochen. Es ist uns unbegreiflich, dass dies ignoriert wird und dieses Thema ein weiteres Mal in den Rat gebracht wird, nach dem Motto „wir lassen so oft abstimmen bis die Meinung der bisherigen Minderheit durchgesetzt ist“.
Die CDU Fraktion hat in der März-Ratssitzung 2019 zu dem Thema ausführlich Stellung genommen, unsere Meinung hat sich nicht geändert - Ganz im Gegenteil - mehr als zuvor sehen wir einen Beitritt mehr als kritisch.
Es ist dabei nicht so, dass wir blinde Gegner einer Entwicklungszone des Biosphärenreservates wären. Wir haben uns jedes Mal intensiv mit den Vor- und Nachteilen eines Beitritts beschäftigt. Auch dieses Mal haben wir kritisch die jeweiligen Argumente abgewogen.
Aus unserer Sicht birgt ein Beitritt für unsere Gemeinde mehr Risiken als Chancen.
Unsere Bedenken sind ganz konkret:
Nachzulesen u. a. im Umsetzungsprogramm der UNESCO kurz: MAB
- z.B. S. 15:“ Schutzwürdige Bereiche der Entwicklungszone sollen rechtlich gesichert werden.“ -> Was allerdings schutzwürdig ist steht dort nicht.
- Außerdem werden ein Rahmenkonzept und Pflege- und Entwicklungspläne gefordert – Diese müssen innerhalb von 5 Jahren erarbeitet werden.
-> Unsere Verwaltung ist ausgelastet, der Bürgermeister hat es in der Ausschusssitzung gesagt, mehr geht nicht!
Außerdem möchte ich noch auf ein Paar Punkte aus dem „Positionspapier des deutschen UNESCO-Nationalkomitees eingehen– veröffentlicht im letzten Jahr:
Dort heißt es zur Entwicklungszone :
- der Anteil des Ökolandbaus soll die angestrebten politischen Ziele merklich überschreiten (Anmerkung der Verfasser: aktuell 20 % in der EU-Biodiversitätsstrategie).
- Außerdem werden in diesem Positionspapier mindestens 10 % nicht-produktive landwirtschaftliche Flächen in der Entwicklungszone gefordert! -> Das ist das mehr als das doppelte dessen, was die aktuelle Agrarreform fordert!
- Entwicklungszonen eignen sich als Reallabore für die Umsetzung von Agrarumweltprogrammen, die über aktuelle Regelungen hinausgehen.
Die Vorgaben der MAB und u.a. dieses Positionspapier machen doch deutlich, dass es nicht beim IST-Zustand bleiben wird!
Die Einrichtung und Unterhaltung eines Biosphärenreservates bzw. einer Entwicklungszone ist ein fortlaufender Prozess, an den immer weitergehende Forderungen gestellt werden.
Die Zusage, es wird keine Restriktionen geben, wird in der Zukunft nicht zu halten sein.
Wir möchten unsere Gemeinde ohne ein übergestülptes Biosphärenreservat weiterentwickeln, ohne einen weiteren Akteur, der weit weg sitzt uns reinredet und mitgestalten möchte.
Wir möchten eine Weiterentwicklung unserer Gemeinde mit den Menschen vor Ort und zwar partnerschaftlich.